Erfahrungsbericht

über die Tagung

„Sustainable Preaching – A mutual spiritual learning experience in a unique interfaith invironment“

in der Benediktinerabtei Niederaltaich, 15.-17. April 2024

Eine inspirierende Umgebung, inspirierende Begegnungen und ein inspirierendes Thema – so ließe sich die Tagung „Sustainable Preaching – A mutual spiritual learning experience in a unique interfaith invironment“, die vom 15.-17. April 2024 in der Benediktinerabtei Niederaltaich stattfand, in wenigen Worten zusammenfassen. Aber der Reihe nach:

Das ökumenische Projekt „Sustainable Preaching“ existiert seit vielen Jahren und fördert in einzigartiger Weise die Themen Nachhaltigkeit und Creation Care im Feld christlicher Lebenspraxis, insbesondere im Bereich Gottesdienstgestaltung und Predigt. Ich selbst wurde Teil dieses „living network“ im September 2023 auf einer Tagung zum Thema „Sustainable Preaching“ auf Kreta, die durch das Erasmus+ Programm der Europäischen Union gefördert wurde. Die Impulse und Themen, die dort vorgetragen, diskutiert und erfahrbar wurden, haben mein Denken und mein wissenschaftliches Arbeiten geprägt und mir unglaublich viele neue Perspektiven eröffnet. Als ich die Einladung zur Folgetagung im April 2024 erhielt, war trotz vieler laufender Projekte sofort mein Wunsch geweckt, die inspirierenden Begegnungen, Impulse und Inhalte, die mich seit Kreta so bewegt haben, zu vertiefen. Ich wollte mehr über Konzepte von Nachhaltigkeit und Creation Care erfahren. Ich wollte den kreativen Nexus von christlicher Spiritualität in ihren konfessionellen Gestalten und konkrete, durch diese Spiritualität inspirierte Nachhaltigkeitsarbeit erfahren und weiter durchdenken. Und ich wollte das in Kreta anfänglich geknüpfte „living network“ durch alte und neue Begegnungen weiter verknüpfen. Der Begriff des „living network“ erschien mir bereits auf Kreta passend für die Möglichkeit und die Notwendigkeit, lebendige Gemeinschaften von interessierten, lernenden und handelnden Personen zu knüpfen, um wirksame und nachhaltige Veränderungsprozesse anzustoßen, die unsere Gegenwart und unser Glaube gleichermaßen erfordern.

Welche Auswirkungen (impact) kann Religion im Allgemeinen und christlicher Glaube im Besonderen auf eine nachhaltige Entwicklung haben? Wie können Glaubenspraxis und religiös motivierte Alltagspraxis nachhaltig werden und sich wechselseitig bereichern? Auf welche Weise lassen sich nachhaltige Netzwerke bilden, die durch gemeinsames Handeln und Gemeinschaftserfahrung wirksam werden? Diese und viele weitere Fragen wurden durch die Vorträge von Dr. Hubert Meisinger (Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau), Antonis Kalogerakis (Orthodox Academy of Crete), Johannes Hauck (Orden des heiligen Benedikt, Niederaltaich), Klaudia Balog-Takács (Budapest) und Dr. Tamás Kodácsy (Sárospatak) angeregt und um viele neue Perspektiven bereichert. Den Vorträgen folgten offene und produktive Diskussionen, die sich bis in die Abende hinein fortsetzen. Eingebettet in die einzigartige Atmosphäre der alten Benediktinerabtei und ihren spirituell geprägten Tagesablauf war die Tagung nicht nur ein Ort intellektuellen Lernens, sondern auch ein Raum, dieses Lernen mit spirituellen Erfahrungen, etwa durch die Teilnahme am Stundengebet der Mönche, zu verbinden und zu vertiefen. Wie schon auf Kreta war es für mich auch hier eine besondere Erkenntnis, dass gerade monastische Lebensformen zentralen Aspekte von Nachhaltigkeit eine erlebbare und inspirierende Gestalt geben: Askese als freiwilliger und heilsamer Verzicht, nicht als Mangel; Leben in Gemeinschaft und wechselseitiger Verantwortung; Leben in einem natürlichen Rhythmus; gegenwartsbezogenes Denken und Handeln in langen Zeiträumen; Creation Care als logische Folge eines religiösen Selbst- und Weltbildes.

Was bleibt nach diesen drei Tagen in Niederaltaich? Ein „living network“ für zukünftige Projekte. Die Erkenntnis, dass christlicher Glaube eine nachhaltige Lebenspraxis zur Folge hat. Das Bewusstsein, dass „living networks“ und „teaching the teachers“ vielversprechende Konzepte für das Implementieren von nachhaltigem Denken und Handeln in unserer Gesellschaft sind. Um diesen letzten Aspekt in meinem Arbeitsfeld konkret zu verwirklichen, plane ich – angeregt durch die Tagungen auf Kreta und in Niederaltaich – im Wintersemester 2024/2025 sowohl an der Goethe-Universität Frankfurt als auch an der Technischen Universität Darmstadt Lehrveranstaltungen zum Thema Theologie und Nachhaltigkeit anzubieten, um auch meine Studierenden an den inspirierenden Impulsen teilhaben zu lassen und mit ihnen gemeinsam weiter zu denken.

Dr. Michael Rydryck, Dozent für Neues Testament und Religionswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, Gastprofessor für „Evangelische Religion“ an der Technischen Universität Darmstadt